(Ex-)Jugoslawien 1988

Den Ausführlichen Artikel zur Reise findet ihr >>hier. Auf den Fotos bin ich mit einer Kawasaki Tengai zu sehen. Es handelt sich um ein Pressemotorrad, auf das ich vor den Aufnahmen umsteigen musste. Ein Bild ist dabei, da sieht man mich auf meiner blauen BMW R80G/S. Selber habe ich auf dieser Reise keine Fotos gemacht, sie stammen aus dem o.g. Artikel.

Unten im Tal fließt als dunkler Strich in den Wiesen die Idrijca. Parallel zum Fluss verläuft die helle Linie der Landstraße. Sie zerschneidet das Dorf Most na Soci, in dem wir übernachtet haben. Der Name bedeutet Brücke über die Soca. Diese Brücke ist 400 Jahre alt, und die Gegend war bis nach dem Zweiten Weltkrieg italienisch. Damals hieß das Dorf Santa Lucia und der Fluss Isonzo. So wie er sich noch heute nach der Grenze bei Gorizia bis zu seiner Mündung in das Mittelmeer nennt.

In Most na Soci beginnt unsere Enduro-Tour. Zuerst rollen die grobstolligen Reifen auf Asphalt hinter den grünen Bänken am Marktplatz entlang, dann über eine Brücke, unter der ständig knallbunte Kanufahrer auf der flaschengrünen Idrijca paddeln. Am anderen Ufer der Idrijca führt eine asphaltierte Straße in die gleiche Richtung. Dort gibt es Wegweiser, auf unseren Schotterwegen müssen wir uns schon selbst zurechtfinden. Ein Blick noch auf die „Klippen“ von Most na Soci, dann unter den Bahngleisen durch und der Weg beginnt Kilometer um Kilometer gleichmäßig zu steigen. Ein Stück Schotter knallt gegen den Motorschutz. Sonst ist alles still.

Ein Felsentor eröffnet eine neue Welt. Der helle Schotterweg führt durch ein saftig grünes Hochtal, an dessen Hänge sich verstreute Bauernhöfe schmiegen. Links, auf der dürren Wiese eines jäh aufsteigenden, alleinstehenden Felsens, thront das abgerissene Seitenruder eines Flugzeugs. Beinahe hätten wir es nicht bemerkt. Die Gedenktafel können wir nicht übersetzen, aber ein jugoslawischer Soldat muss hier 1945 notgelandet sein. Ob er überlebt hat, wissen wir nicht.
Kinder staunen uns aus der Nähe an, während die Erwachsenen Distanz halten. Alle nehmen sich Zeit, in Spiel und Arbeit innezuhalten: Wir werden mit unseren Enduros als Attraktionen gehandelt.

Über einen Pass verlassen wir das so heil anmutende Tal. Plötzlich ist die Gegend schroff. Auf einem schmalen, grob geschotterten Weg „stürzen“ wir auf unseren Motorrädern einen steilen Abhang hin-unter. Von den Wänden eines Tunnels tropft es auf das Visier.
Ein LKW ächzt den engen Weg herauf, wir schieben die Motorräder beiseite: Wir hatten vergessen, dass wir uns auf einer öffentlichen Straße befinden. Auch hier gibt es keine Wegweiser, trotzdem fällt es leicht, seinen Weg zu finden. Nur während der letzten Kilometer vor dem Pass Mrzla Rupa führen links und rechts einige Wege ab und wir sehen zu, dass wir dem offensichtlich meistbefahrenen Pfad folgen.

Wenn man in Predmeja den Forst verlässt, geht es erst einmal auf Asphalt weiter. Gleich links wartet ein leicht vergammeltes Wirtshaus. Davor steht eine Holzkanone und drinnen ein Billardtisch. Und wer eben noch draußen geprahlt hat, Schotterwege seien absolut easy, der kann jetzt drinnen unter Beweis stellen, ob er das Queue noch ruhig halten kann.

Ein Kellner in einer kleinen Schenke erklärt, was auf den überall aufgestellten Schildern zu lesen war: Gozdna Cesta, Vozis na lastno odgovornost. Auf deutsch: Waldweg, Fahren auf eigene Gefahr.
Noch einmal schmecken wir den harzig erdigen Geruch des Waldes, noch einmal driften wir aus einer Kurve heraus, bevor wir in Bukovje endgültig Asphalt erreichen. In großartiger Pracht grüßt uns die Burg von Predjama.

>>zum Artikel „Gelobtes Land“