Der 9. Tag

Es war fast der perfekte Tag. Was das Fahren und die Landschaft anbelangt, war es der perfekte Tag. Der übrigens regelmäßig um 4:30 mit dem Weckruf des Muezzin beginnt. Schlafen kann ich dann auch nicht mehr richtig.

In der Früh treffe ich zwei Irländer, die bereits seit einem Monat unterwegs sind und auch nach Georgien fahren. Ich selbst hab mich dann schnurstracks auf den Weg zum „Dark Canyon“ aka „Karanlik Kanyon“ gemacht. Allein schon die Strecke dorthin ist ein Traum. Die D877 ist hier ein schmales Sträßlein, das sich Meter um Meter nach oben schraubt und schließlich viele Hundert Höhenmeter an den Hang gepresst dem Lauf des Euphrat folgt. Gut, dass praktisch kein Verkehr herrscht. Staunend in das Tal schauend und auf der Suche nach Fotomotiven ist mir einige Male ein „ups, das hätte auch schief gehn können“ ausgekommen.

Schließlich erreiche ich die Einfahrt zum eigentlichen Höhepunkt, einer ca. 35 km langen Schotterstraße, die vor langer Zeit von den Einheimischen von Hand in den Fels geschlagen wurde, damit sie endlich eine Straße bekommen. Obwohl Sonntag ist, bin ich der einzige auf dieser Strecke. Und die ist echt der absolute Hammer. Tiefe Pfützen in den komplett unbeleuchteten Tunnels. Ab und zu ein Durchbruch Richtung Fluß. Die Verbindungsstücke außerhalb der Tunnels halsbrecherisch eng am Abgrund. An einem dieser Verläufe außerhalb entschließe ich mich, die Drohne fliegen zu lassen. Muss toll aussehen, so ein Flug durch die Schlucht. Und dann passiert’s. Ich sehe sie nicht mehr und anstelle einfach die Flugrichtung anhand der Kamera vorzunehmen und nach vorne(!) also in Sichtrichtung zu fliegen, fliege ich Volldepp nach hinten.
Ich höre nur noch entfernt, wie es scheppert und dann ein Platschen im Wasser. Auf dem Display der App steht: „Verbindung zum Fluggerät unterbrochen“.

Wie kann man nur so dermaßen dämlich sein. Ein vollkommen überflüssiges Manöver. Ich denke an Omalo, das Ustyurt Plateau, die zahlreichen Pässe und Täler wegen denen ich sie eigentlich dabei habe … hatte. Es hilft nichts.

Also fahre ich weiter durch die Tunnels, einigermaßen unmotiviert. Dann stehe ich der Erklärung, warum ich hier der einzige bin, direkt gegenüber. Einem Bauzaun und dahinter ein tiefes Loch. Die Brücke fehlt, Sackgasse. Also zurück und über die Asphaltstraße auf der anderen Seite weiter. Auch hier wieder die Fahrt ein Traum. Zahlreiche Pässe, der höchste inzwischen schon mit 2.150 m.

In Erzincan endet mein heutiger Fahrtag. Eine Gruppe junger Motorradfahrer an einer Tanke spreche ich an, ob es hier einen Elektro-Supermarkt gäbe. Nein, dazu muss ich nach Erzurum, dort kann ich so etwas bekommen. … und genau das mache ich morgen. Die D915 – auf irgendeiner Liste eine der gefährlichsten Straßen der Welt – fällt der Sache leider zum Opfer.


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