Der 61. Tag

Der zweite Tag auf dem Manali-Leh Highway von Sarchu nach Manali.

Mann, hab ich schlecht geschlafen. Erst hat mich gefroren, wie einen nackten Schilehrer, dann haben irgendwelche Hunde stundenlang gebellt, vor allem aber hat mir die Höhe ganz schön zu schaffen gemacht. Drei Tage zur Akklimatisation sind halt schon wenig.

Auf jeden Fall habe ich gestern in dem Gespräch aufgeschnappt, dass man lieber früh losfahren soll, da die Strecke mit Wasserdurchfahrten gespickt ist und diese im Laufe des Tages tiefer werden. Also wälze ich mich um sechs Uhr aus meinem mehrlagigen Schlafsack- und Zudeckenberg, um die Sachen zu packen und die BMW zu beladen. Auch die anderen sind schon aktiv und so gibt es um sieben Buttertee und French Toast.

Gleich zu Beginn erwartet mich ein Wasserdurchfahrts-Schmankerl. Tief, große Steine, lang und in einer Mulde mit steiler Ab- und Auffahrt. Die Straße ist über viele Kilometer in bestem Zustand nur an den Brücken wird scheinbar überall gearbeitet, so dass man Furten angelegt hat. Und dort spült das Wasser alles außer den großen Bachkieselsteinen weg.

Die Landschaft ist auch anders, als gestern. Das Gestein ganz dunkel und relativ viele Schneefelder, die noch bis an die Straße reichen. Auf mich wirkt es fast bedrohlich und ich bin froh, als ich die Passhöhe des „Baralacha-La“ mit 4.890 Metern erreiche. Ab hier geht es massiv abwärts. Ich überquere irgendwann die Grenze von Ladakh nach Himachal Pradesh, was man zum einen an einem Polizei-Checkpoint erkennt, für mich wichtiger aber, dass meine indische SIM-Karte wieder funktioniert. Kashmir und Ladakh haben nämlich eigene Netze.

An einer Tankstelle rüste ich die Vergaserdüsen wieder um und drehe die Leerlaufdrehzahl nach unten. Dann geht es entlang eines wunderschönen Tales weiter hinab nach Süden. Der warme Pulli verschwindet im Koffer und ebenso die graue Regenjacke, die ich als Windschutz an hatte.

Riesige Felsen liegen auf der Fahrbahn. Hier muss es Erdrutsche gegeben haben, die über Kilometer die Straße unpassierbar machen. Ich könnte noch einen Pass fahren, den „Rhotang-La“ mit kapp 4.000 Metern doch mir reicht es mit Pässen und ich entscheide mich für den gleichnamigen, ca. 8 km langen Tunnel. Etwa 20 Kilometer danach liegt Manali und je näher ich der Stadt komme, desto häufiger sind die massiven Unwetterschäden zu sehen. Ganze Straßenteile fehlen und Teile von Häusern liegen im Flussbett.

Als ich im Hotel einchecke, erkundige ich mich nach dem Straßenzustand nach Süden. Auch in Richtung Delhi waren Straßen gesperrt doch seit heute seien alle wieder frei befahrbar.

Viele Dinge sind mir heute durch den Kopf gegangen. Manali ist für mich das offizielle „Ziel“ der Reise gewesen. Der Endpunkt des letzten der drei Highways. Ich muss an meinen allerersten Abend in Slowenien denken, an die Taliban, die mich im Hotelzimmer „verhört“ hatten, der Reifen, der nicht zu flicken war, an den Ak-Baital Pass mit „lächerlichen“ 4.644 Metern.

Wenn es gut läuft, bin ich in zwei Tagen in Delhi. Die Inder brauchen dann mit Sicherheit noch eine Weile, bis die BMW wirklich Versandfertig ist und erst dann wird mir vermutlich klar, was das für eine Reise war. … doch noch ist sie nicht zu Ende.

… aus irgendeinem Grund verarbeitet YouTube mein Video nicht. Kommt also später, morgen oder nie 🙁

Baralacha-La
Von Leh nach Manali

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Kommentare

4 Antworten zu „Der 61. Tag“

  1. Avatar von Gernot Groder
    Gernot Groder

    Gratulation Thomas!!!
    Hut ab und grenzenlosen Respekt, so eine Tour zu planen und dann auch zu fahren!!

    Vielen Dank für die einmalige und sehr hilfreiche Tourdokumentation, die quasi live gemacht wurde, hat mir sehr geholfen!

    Ich hoffe, wir sehen uns mal wieder!

    Gernot

    1. Avatar von Thomas

      Das hoffe ich auch, Innsbruck ist ja nicht weit weg von Rosenheim.

  2. Avatar von Luisa Duarte Viana
    Luisa Duarte Viana

    So eine inspirierende Tour, Thomas!

    Herzlichen Dank, dass du all deine Eindrücke und Erfahrungen mit uns teilst. Es macht wirklich Spaß, dich hierher zu begleiten.

    Und viel Respekt vor der Planung und Vorbereitung!

    Keep going and living the best of it, Thomas!
    Bald hast du es geschafft! 💪🏽

    Viele Grüße,
    Luisa

    1. Avatar von Thomas

      Danke Dir, Luisa!

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